Die Maske der Angst
- Julia Löwe
- 2. Aug. 2024
- 5 Min. Lesezeit

Angst ist ein komplexes Gefühl, das wir alle im Leben erfahren. Angst ist eine ganz natürliche Reaktion unseres Körpers, die uns vor Gefahren schützt. Sie aktiviert unser "Kampf-oder-Flucht"-System, was zu erhöhter Wachsamkeit, schnellerer Reaktion und erhöhter Leistungsfähigkeit führt. Diese Mechanismen waren evolutionär wichtig, um in gefährlichen Situationen schnell handeln zu können und haben uns geholfen, in einer bedrohlichen Umwelt zu überleben. Noch heute natürlich kann unsere Angst uns vor realen Bedrohungen warnen und sicherstellen, dass wir vorsichtig und aufmerksam sind.
Was viele nicht wissen, ist, dass Angst oft körperliche Symptome hervorrufen kann, die leicht mit verschiedenen Krankheiten verwechselt werden können. In diesem Blogeintrag möchte ich einige dieser häufigen Symptome erläutern: Atemnot, Herzklopfen, Schwindel und Mundtrockenheit.
Atemnot
Eines der häufigsten körperlichen Symptome von Angst ist Atemnot. Menschen, die unter Angstzuständen leiden, können das Gefühl haben, nicht genug Luft zu bekommen oder schwer atmen zu müssen. Dieses Symptom kann besonders beängstigend sein und den Eindruck erwecken, dass eine ernsthafte Atemwegserkrankung vorliegt. Tatsächlich handelt es sich oft um eine Reaktion des Körpers auf Stress und Angst, die durch eine verstärkte Aktivierung des sympathischen Nervensystems ausgelöst wird.
Herzklopfen
Herzklopfen oder ein schneller Herzschlag sind weitere häufige Symptome von Angst. Betroffene berichten oft, dass ihr Herz zu rasen beginnt oder unregelmäßig schlägt. Diese Symptome können leicht mit Herzproblemen verwechselt werden, was die Angst noch verstärken kann. Es ist wichtig zu wissen, dass Herzklopfen in den meisten Fällen eine natürliche Reaktion des Körpers auf Angst und Stress ist, bei der Adrenalin freigesetzt wird, um den Körper auf eine „Kampf- oder Flucht“-Reaktion vorzubereiten.
Schwindel
Schwindel ist ein weiteres Symptom, das bei Angstzuständen auftreten kann. Betroffene können das Gefühl haben, dass sich der Raum um sie dreht, oder dass sie das Gleichgewicht verlieren. Dieses Symptom kann besonders beunruhigend sein, da es oft mit neurologischen oder vestibulären Störungen in Verbindung gebracht wird. Bei Angstzuständen ist Schwindel jedoch meist eine Folge von Hyperventilation oder einer veränderten Atmung, die den Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt im Blut beeinflusst.
Mundtrockenheit
Mundtrockenheit ist ein weiteres körperliches Symptom, das bei Angst auftreten kann. Wenn wir ängstlich sind, produziert unser Körper weniger Speichel, was zu einem trockenen Mund führen kann. Dieses Symptom kann auch das Essen und Sprechen erschweren und das allgemeine Unwohlsein verstärken. Oft wird es fälschlicherweise als Symptom einer anderen Erkrankung, wie beispielsweise einer Dehydrierung oder einer Nebenwirkung von Medikamenten, interpretiert.
Warum treten diese Symptome auf`?
Die körperlichen Symptome von Angst entstehen durch die Aktivierung des sympathischen Nervensystems, das unseren Körper auf eine potenzielle Bedrohung vorbereitet. Dieser "Kampf-oder-Flucht"-Mechanismus war evolutionär wichtig, um uns in gefährlichen Situationen zu schützen.
Heutzutage tritt diese Reaktion jedoch oft in nicht lebensbedrohlichen Situationen auf, wie bei Stress oder Sorgen im Alltag. Der Sympathikus und der Parasympathikus sind die Teile unseres Nervensystems, die jeweils unterschiedliche Aufgaben haben und uns helfen, auf verschiedene Situationen zu reagieren. Im Grunde genommen sind sie verantwortlich für die körperlichen Symptome.
Der Sympathikus
Ort im Körper: Der Sympathikus befindet sich im mittleren und unteren Teil des Rückenmarks.
Aufgabe: Er aktiviert unseren Körper in Stress- oder Gefahrensituationen. Man nennt dies die "Kampf- oder Flucht"-Reaktion.
Beispiele: Wenn wir erschrecken oder uns bedroht fühlen oder auch gestresst sind, schlägt unser Herz schneller, wir atmen tiefer, und unsere Muskeln spannen sich an. Das alles wird vom Sympathikus gesteuert, um uns auf eine schnelle Reaktion vorzubereiten.
Herzfrequenz und Blutdruck: Der Sympathikus erhöht die Herzfrequenz und den Blutdruck, um mehr Blut zu den Muskeln und wichtigen Organen zu pumpen. Dies bereitet den Körper darauf vor, schnell auf die Bedrohung zu reagieren.
Atemwege: Die Atemwege erweitern sich, um mehr Sauerstoff aufzunehmen, was notwendig ist für erhöhte körperliche Aktivität und Konzentration.
Energieproduktion: Der Sympathikus fördert die Freisetzung von Glukose (Zucker) aus den Energiespeichern des Körpers, um sofort verfügbare Energie bereitzustellen.
Pupillenerweiterung: Die Pupillen weiten sich, um mehr Licht einzulassen und das Sehvermögen zu verbessern, was in gefährlichen Situationen hilfreich ist.
Verdauung und andere nicht essentielle Funktionen: Funktionen, die in einer Stresssituation nicht sofort benötigt werden, wie die Verdauung, werden heruntergefahren oder gehemmt.
Der Parasympathikus
Der Parasympathikus hingegen ist für die "Ruhe- und Verdauungs"-Reaktion verantwortlich. Er hilft dem Körper, sich nach einer Stresssituation zu erholen und wieder in einen Zustand der Ruhe und Erholung zu gelangen. Hier sind die Hauptfunktionen des Parasympathikus im Zusammenhang mit Angst:
Herzfrequenz und Blutdruck: Der Parasympathikus verlangsamt die Herzfrequenz und senkt den Blutdruck, was den Körper in einen ruhigen Zustand zurückversetzt.
Atemwege: Die Atemwege verengen sich wieder, da die erhöhte Sauerstoffzufuhr nicht mehr notwendig ist.
Verdauung: Der Parasympathikus stimuliert die Verdauung und andere Funktionen, die während der "Kampf- oder Flucht"-Reaktion gehemmt wurden. Dies umfasst die Förderung der Speichelproduktion, der Magensaftsekretion und der Darmbewegungen.
Entspannung und Erholung: Er fördert Entspannung und Erholung, indem er die Aktivität von Stresshormonen reduziert und die Ausschüttung von beruhigenden Neurotransmittern wie Acetylcholin steigert.
Zusammenhang mit Angst
Bei Angstzuständen kann es zu einem Ungleichgewicht zwischen Sympathikus und Parasympathikus kommen. Häufig ist der Sympathikus überaktiv, was zu den typischen körperlichen Symptomen von Angst führt, wie:
Atemnot: Durch die Erweiterung der Atemwege und die erhöhte Atemfrequenz.
Herzklopfen: Durch die beschleunigte Herzfrequenz.
Schwindel: Durch die schnelle Veränderung des Blutdrucks und der Sauerstoffversorgung.
Mundtrockenheit: Durch die Hemmung der Speichelproduktion während der Stressreaktion.
Ein dauerhaft aktiver Sympathikus kann zu chronischem Stress und langfristigen gesundheitlichen Problemen führen.
Hier kommt der Parasympathikus ins Spiel, der durch verschiedene Techniken wie tiefe Atmung, Meditation und andere Entspannungstechniken aktiviert werden kann, um den Körper zu beruhigen und das Gleichgewicht wiederherzustellen.
Umgang mit körperlichen Angstsymptomen
Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass diese körperlichen Symptome tatsächlich von Angst herrühren können und nicht immer auf eine ernsthafte körperliche Krankheit hindeuten. Hier sind einige Strategien, die helfen können:
Atemübungen: Tiefe, langsame Atemzüge können helfen, das Nervensystem zu beruhigen und die Symptome zu lindern.
Progressive Muskelentspannung: Durch gezieltes Anspannen und Entspannen der Muskeln kann der Körper entspannen.
Achtsamkeit und Meditation: Diese Techniken können helfen, den Geist zu beruhigen und die Wahrnehmung von Angst zu verändern.
Kognitive Verhaltenstherapie (CBT): Diese Therapieform kann helfen, die Gedankenmuster zu ändern, die Angst auslösen.
Angst kann sich auf vielfältige Weise manifestieren, und die körperlichen Symptome wie Atemnot, Herzklopfen, Schwindel und Mundtrockenheit können leicht mit ernsthaften Erkrankungen verwechselt werden. Es ist wichtig, diese Symptome ernst zu nehmen, aber auch zu verstehen, dass sie häufig mit Angstzuständen zusammenhängen. Wenn diese Symptome auftreten muss zu aller erst ein Arzt aufgesucht werden um körperlich abzuklären woher die Beschwerden kommen. Findet der Haus- oder Facharzt keine körperliche Krankheit sollte eine Psychotherapie Licht ins Dunkel bringen.
Der Sympathikus und der Parasympathikus sind zwei wesentliche Bestandteile des autonomen Nervensystems, die eine zentrale Rolle in der Regulation von Angst und Stress spielen. Sie wirken wie Gegenspieler, die den Körper auf unterschiedliche Weisen beeinflussen, um auf Bedrohungen zu reagieren und danach wieder zur Ruhe zu kommen. Und eben diese Regulatoren können uns meinen lassen, dass es sich um körperliche Krankheiten handelt.
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